Antworten: Prof. Johannes Freiesleben
Fragenkatalog Rektorinwahl Stura HTW Dresden
Statement Prof. Dr. Johannes Freiesleben
1. Wie würden Sie die beiden Bereiche Forschung und Lehre wichten?
Beide Bereiche sind sehr wichtig für die HTW. Eine Fachhochschule ist zwar generell nicht in der Grundlagenforschung aktiv, aber desto mehr in der Angewandten Forschung. Dies garantiert einen fundierten Wissenstransfer, generiert einen Drittmittelzufluss und trägt zur Reputation der Institution bei. Die Qualität der Lehre hingegen ist für den Wissens- und Kompetenztransfer an die Studierenden sehr wichtig und trägt massgeblich zur Formation der Gestalter und Gestalterinnen von morgen bei. Deshalb würde ich beide Bereiche als gleichwertig betrachten.
2. Wie sind Sie vernetzt und welche Vorteile ergeben sich daraus für die Hochschule?
Aufgrund meiner Historie in der Wirtschaft bin ich gut in derselben vernetzt und erhoffe mir dadurch einen erleichterten Zugang zu Unternehmen der Region, aber auch bundesweit. Dies wird sich hoffentlich in erleichtertem Zugang zu Praktika, Forschungs- und Beratungsprojekten, finanzieller Förderung sowie ersten Anstellungsverhältnissen niederschlagen. Organisationen, zu denen ich aufgrund meines Netzwerkes einen guten Zugang habe, sind beispielsweise Bosch, Volkswagen und die DDV Mediengruppe in Dresden, sowie diverse überregional, z.B. Google, der IMF oder die OECD.
3. Inwieweit haben Sie bisher mit studentischen Vertretungen zusammengearbeitet?
In meiner Zeit als Rektor der Universidad Paraguaya Alemana war mir der intensive Austausch mit den studentischen Vertretungen immer ein wichtiges Anliegen, und ich habe wann immer ich konnte ganz direkt den Kontakt mit den Studierenden gesucht. So bin ich in den Vorlesungspausen oft in den Gängen auf dort stehende Studierende zugegangen und habe sie nach ihren Ideen und Anregungen gefragt. Hierzu kamen institutionalisierte Austausche. Ich betrachte die studentischen Belange als äusserst wichtig und die Studierenden selber als die besten Botschafter der Hochschule. Deshalb würde ich dieser Zusammenarbeit auch in Zukunft meine volle Energie widmen.
4. Wie sieht Ihrer Meinung nach eine produktive Zusammenarbeit zwischen dem Rektorat und der studentischen Selbstverwaltung aus?
Der Schlüssel für eine produktive Zusammenarbeit liegt in meinen Augen in der stetigen, respektvollen und vorbehaltslosen Kommunikation miteinander. Rektorat und studentische Selbstverwaltung haben naturgemäss manchmal divergierende Ansichten, aber es ist wichtig diese zu artikulieren, Argumente auszutauschen und gemeinsame Grundlagen zu erarbeiten, aus denen Kompromisse erwachsen können. Schliesslich basiert die Zusammenarbeit auf dem Verständnis, dass wir an einer Hochschule alle Teil derselben sind und jede Anspruchsgruppe ihre berechtigten Anliegen vorbringen können muss, um eine für alle tragbare Lösung für zukünftige Herausforderungen zu finden.
5. Was sind Ihre Projekte für die ersten sechs Monate Ihrer Amtszeit?
Die ersten Monate werde ich mich drei Dingen widmen: der Kommunikation, dem Zuhören, und der Themenfindung im Bereich Digitalisierung. Die Kommunikation dient dazu, dass die HTW mit ihren diversen Anspruchsgruppen etwas vom neuen Rektor „spürt“, ihn kennenlernt und in ihm einen verlässlichen Partner findet. Das Zuhören dient mir dazu, mich in die Belange der HTW und ihrer Anspruchsgruppen einzudenken, ihre Historie zu verstehen und die Herausforderungen der Organisation zu ergründen. Die Themenfindung im Bereich Digitalisierung dient mir schliesslich als Indikator, welche Themen in diesem Bereich in der nahen Zukunft eine Rolle spielen werden und wie wir sie gemeinsam angehen könnten.
6. Wie soll man mit dem Rückgang der Studierendenzahl umgehen?
Der Rückgang der Studierendenzahl ist sicherlich ein komplexes Phänomen mit unterschiedlichen Gründen, die wir in ihrer Gesamtheit verstehen und einschätzen können müssen. Darauf aufbauend können wir uns über mögliche zukünftige Entwicklungen Gedanken machen. Wie können wir uns als HTW auf diese einstellen, welchen Weg wollen und können gehen? Dies sind für mich die Kernfragen, die sich aus einer profunden Analyse der Situation ergeben und nur aus ihr konstruktiv beantwortet werden können.
7. Wie sind Sie auf den Rektorinnenposten der HTW Dresden aufmerksam geworden und was motivierte Sie für Ihre Kandidatur?
Ich habe meine wahre Leidenschaft im akademischen Management und in der Gestaltung von Wissensorganisationen gefunden. Diese entspringt der einzigartigen Verbindung der zwei Welten, in denen ich zuvor vertieft Erfahrung habe sammeln dürfen: in der akademischen Welt als Forscher und Dozent, und in der Wirtschaftswelt als Manager. Ich habe von meinem Onkel, der in Dresden wohnt und vormals Dekan an der TU war, von der offenen Position an der HTW erfahren. Die HTW ist als eine der profiliertesten deutschen Fachhochschulen eine sehr attraktive Hochschule mit grossem Gestaltungspotential. Da ich zudem einer sächsischen Familie entstamme und dadurch immer auch eine emotionale Bindung an den Freistaat hatte, lag meine Bewerbung nahe.
8. Was halten Sie vom Hochschulentwicklungsplan des Freistaates Sachsen, bzw. genauer von Zielvereinbarungen?
Zielvereinbarungen sind heute ein viel angewendetes Mittel, um die Ziele der Politik mit der Entwicklung der akademischen Institutionen zu alignieren. Hier ist aus meiner Sicht insbesondere wichtig, dass sie realistisch formuliert sind und den Hochschulen genug Spielraum lassen, sich frei zu entfalten. Dies wäre ein Anliegen, welches ich als Rektor der HTW vor dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst des Freistaates klar artikulieren würde.
9. Die HTW Dresden ist systemakkreditiert. Wie stellen Sie sich das interne Qualitätssicherungsverfahren vor und welche Verbesserungen würden Sie anbringen?
Die Verbesserung des bestehenden Systems setzt eine gründliche Analyse desselben voraus, die ich als externer Kandidat nicht habe durchführen können, weshalb ich zu diesem Zeitpunkt auch keine konkreten Verbesserungsvorschläge unterbreiten kann. Allerdings habe ich eine klare Ansicht, wie ein effektives Qualitätssicherungsverfahren aussehen sollte. Wichtige Kriterien sind hier für mich die Klarheit und Nachvollziehbarkeit der eruierten Kennzahlen, die umfassende Evaluierung aller Bereiche, die transparente Kommunikation der Ergebnisse, die Analyse möglicher Abweichungen und die Priorisierung und Durchführung potentieller Verbesserungen.
10. Welche Kriterien stellen Sie an die Posten der Prorektoren und haben Sie schon konkrete Besetzungsvorschläge?
Ich habe zu den Posten der Prorektoren noch keine Besetzungsvorschläge und bin hier komplett ergebnisoffen, erhoffe mir aber eine Vielzahl von internen Interessenten. Wichtig wäre für mich, neben der vorausgesetzten fachlichen Kompetenz, ein gutes persönliches Harmonieren und eine konstruktive und positive Art und Weise, Dinge anzugehen und sich mit Kraft und Ideen für die Zukunft der HTW einzusetzen.
11. Durch Gremienarbeit, speziell in der studentischen Selbstverwaltung, findet ein starker Kompetenzerwerb statt. Sollte dieser nach Bologna mit ECTS anerkannt werden?
Das halte ich grundsätzlich für eine wünschenswerte Sache, da in der Gremienarbeit tatsächlich klare Kompetenzen im Bereich Persönlichkeitsentwicklung wie auch Teamfähigkeit gewonnen werden. Die Gremienarbeit setzt zudem hohe intrinsische Motivation und ein starkes Engagement voraus. Wenn es hier Möglichkeiten der ECTS Vergabe gibt, würde ich diese gerne als Option etablieren.
12. Welche grundsätzlichen Punkte würden Sie bei der anstehenden Novellierung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz anbringen?
Die Novellierung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz diskutiert viele Belange, in denen unterschiedliche Auffassungen der Anspruchsgruppen der Hochschule wie auch der politischen Parteien bestehen. Ich fasse es als meine Aufgabe als Rektor auf, allen Anspruchsgruppen der Hochschule Gehör zu bieten und einen für alle tragbaren Kompromiss in die Diskussion einzubringen. Ein persönliches Anliegen wäre mir das Promotionsrecht für alle Hochschulabsolventen, da die wissenschaftliche Logik der heutzutage in vielen Fachbereichen üblichen kumulierten Dissertationen gegen eine Unterscheidung zwischen Fachhochschulen und Universitäten spricht.
Johannes Freiesleben